Michael
Schilhan
„DER THEATERDIREKTOR“
KINDERREPORTER RAFAEL (11) HAT DEN INTENDANTEN DES JUGENDTHEATERS NEXT LIBERTY INTERVIEWT. MICHAEL SCHILHAN ERZÄHLT, WAS EIN INTENDANT MACHT.
SIE SIND INTENDANT AM JUGENDTHEATER NEXT LIBERTY. WELCHE AUFGABEN HAT EIN INTENDANT?
Der Intendant ist so etwas wie der Theaterdirektor. Er entscheidet, welche Stücke gespielt werden, welche Schauspieler_innen kommen, wer das Bühnenbild macht und ist fürs Geld verantwortlich.
WIE VIELE LEUTE ARBEITEN IM NEXT LIBERTY?
Zwischen 30 und 50 Leute. Fest engagierte Schauspieler_innen haben wir sechs im Ensemble (sprich: „osombl“), so nennt man die Gruppe der fix angestellten Schauspieler. Insgesamt sind wir 34 Mitarbeiter_innen.
VERTEILEN SIE AUCH DIE ROLLEN?
Ja; ich teile dann zum Beispiel zu: Du spielst den Prinzen, du den Bösewicht, du die Prinzessin.
WAS HEISST ES, EIN STÜCK ZU INSZENIEREN?
Schilhan: Zuerst sucht man ein Stück von einem Autor aus oder lässt extra ein Stück schreiben. Dann schaut man, wer die Rollen gut spielen könnte. Man setzt sich mit dem_der Kostümbildner_in und dem_der Bühnenbildner_in zusammen und heckt gemeinsam aus, welche Form das alles haben soll. Und dann probiert man das Stück. Man braucht auch jemanden für das Licht, für den Ton und einen_einen Theaterkomponisten_in, der_die die Musik macht. Nach sechs bis sieben Wochen proben ist dann Premiere, also die erste Vorstellung.
WAS IST, WENN EIN_E SCHAUSPIELER_IN ERKRANKT?
Das ist ziemlich unangenehm, weil bei uns niemand einfach von jemand anderem ersetzt werden kann. Ich kann nicht spontan anrufen und fragen, ob jemand sofort eine andere Rolle übernimmt. Ersatz wie in der Oper gibt es nicht. Im Theater haben wir keine erste und zweite Besetzung. Das Eigenartige ist: Es ist fast wie bei Lehrer_innen, Schauspieler_innen werden ganz selten krank.
WAS PASSIERT, WENN EIN SCHAUSPIELER SEINEN TEXT VERGISST?
Wir haben keinen Souffleur (sprich: „sufflör“) bzw. keine Souffleuse (sprich: „sufflöse“), der_die in einem in der Bühne versenkten Kasten sitzt, den Text mitliest und einflüstern könnte. In der Oper wird sehr oft eingesagt. Dort ist das Orchester auch sehr laut, man hört den_die Einsager_in nicht. Weiß jemand nicht weiter, gibt’s einen Trick. Ein_e Schauspieler_in vergisst zum Beispiel den Satz „Ich gehe nach Hause“. Dann sagt der_die andere „Sie wollten doch sagen, dass sie nach Hause gehen.“ So hilft man einander weiter. Schauspieler_innen müssen aber auf jeden Fall sehr fit im Kopf sein. Deshalb müssen sie auch ganz viel schlafen.
Michael Schilhan wurde 1964 in Judenburg geboren und ist in Wartberg/Mürztal aufgewachsen. Nach einem Kulturmanagement-Studium an der Johannes Kepler Universität Linz und seiner Schauspielausbildung in Salzburg und Studienaufenthalte am Moskauer GITTIS-Institut folgten an die 90 Inszenierungen im Schauspiel und Musiktheater u. a. für das Festival steirischer herbst 99, das Volkstheater Wien, das Salzburger Landestheater, das Festspielhaus St. Pölten, das Klagenfurter Ensemble, die Volksoper Wien, die Oper Graz, Landestheater Niederösterreich, das Internationale Haydn Festival in Eisenstadt, Oper Chemnitz, u. a. m. Zum 170. Geburtstag und 95. Todestag Peter Roseggers inszenierte Michael Schilhan bei den ersten Rosegger Festspielen 2013 „Jakob der Letze“ inmitten der Naturkulisse des Rosegger-Geburtshauses am Kluppeneggerhof in Krieglach/Alpl. (ORF Aufzeichnung)
In seiner langjährigen und internationalen Regielaufbahn unternahm Michael Schilhan Schauspielinszenierungen von Stücken der Autoren Georg Timber-Trattnig und Robert Wolf, Felix Mitterer, Peter Turrini, Werner Schwab, Nigel Williams, Helmut Eisendle, Franz Kafka u. a. m. und arbeitete u. a. mit Hermann Nitsch.
Neben seiner Regiearbeit hielt er Vorträge u.a. für ICCM Salzburg, National University Taipeh und National University Kaohsiung, Tokio Voice Academy in Osaka, Kyoto, Nagoya und Hiroshima und Teatr „Ratscho Stojanov““, Gabrovo Bulgarien u.a.m.
Michael Schilhan wurde 1997 beim RING AWARD – Internationaler Wettbewerb für Regie und Bühnengestaltung zum Thema „Rheingold“ von Richard Wagner mit dem Publikumspreis und Förderungspreis ausgezeichnet.
2015 wurde Michael Schilhan im Weißen Saal der Grazer Burg von Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer gemeinsam mit Gerald Schöpfer, dem Vorsitzenden des Steirischen Gedenkwerkes und Barbara Kanhäuser, der Enkelin von Josef Krainer sen., mit dem Josef-Krainer-Heimatpreis für seine künstlerischen Verdienste geehrt.
Seit der Saison 2001/2002 ist er Künstlerischer Leiter des Grazer Jugendtheaters Next Liberty, seit 1. September 2004 dessen Geschäftsführender Intendant.
Mit seinem engagierten Team ist es Michael Schilhan gelungen, das Next Liberty als steirische Kulturqualitätsmarke zu etablieren und das Theater auf kaufmännischer Ebene umsichtig und vorausschauend zu führen: Seit 2001 hat sich so die Zuschauerzahl verdoppelt – stetig wachsende Auslastungs- und Abonnent_innenzahlen und Top-Werte bei Zuschauer_innenbefragungen spiegeln seine erfolgreiche künstlerische Arbeit wider.